Nelson Müller im Stadtgespräch

„Wir gehen in den Wald, um unsere Seele zu finden. – Oder in die Küche.“
Nelson Müller
DER BODENSTÄNDIGE STERNEKOCH
Der TV-bekannte Spitzengastronom Nelson Müller übernimmt im Frühjahr die Diepeschrather Mühle in Bergisch Gladbach. Wir schätzen uns glücklich, ihn als neuen Kunden zu haben. Ein Interview.
Herr Müller, Sie haben sich für die Diepeschrather Mühle als neuen Standort entschieden. Abgesehen von der Namensverbindung, was hat Sie daran gereizt?
Nelson Müller: Ich bin ein großer Fan alter Mühlen, und davon gibt es ja im Rheinland jede Menge. Aber die Diepeschrather Mühle hat mir bereits beim ersten Gespräch mit dem Eigentümer, dem Kölner Bauunternehmer, Werner Arenz, besonders gut gefallen. Vor allem die fantastische Lage auf der Waldlichtung inmitten eines Naturschutzgebietes und zugleich an der Stadtgrenze zur Medienmetropole Köln. Ich hatte schnell eine Vision für dieses Ensemble - inzwischen eine gelungene Mischung aus Tradition und Moderne. Das Relais & Chateaux Hotel Diepeschrather Mühle ist einmalig und bietet mir nun die Chance, gastronomisch weiter zu wachsen und endlich auch Hotelier zu werden.
„Wir gehen in den Wald, um unsere Seele zu finden. Oder in die Küche.“ – Dieses Zitat von Ihnen zeigt, wie tief Essen und Natur für Sie verbunden sind. Wie spiegelt sich diese Philosophie in der Diepeschrather Mühle wider?
Müller: Ich habe diesen Kraftort ganz bewusst gewählt und spüre jeden Tag mehr, was diese Destination wirklich ausmacht: Die intakte Natur bringt einen sofort runter, das gilt für unsere Gäste genauso, wie für mich und mein Team. Der Wald bietet uns dazu viel, was wir verwenden können wie z.B. Kräuter und sogenannte Unkräuter, aus denen wir Salat machen.
Die Diepeschrather Mühle hat eine lange Geschichte und wurde über Jahrhunderte immer wieder neu erfunden. Sehen Sie sich selbst als Teil dieser Tradition – als jemanden, der der Mühle ein neues Kapitel schenkt?
Müller: Mein Team und ich werden die gastronomische Tradition der Diepeschrather Mühle mit der neuen Brasserie „Müllers in der Mühle“ fortsetzen. Das Herzstück der Hotelanlage wird gerade komplett renoviert und besteht aus dem neu designten Restaurant, einer Orangerie, dem großen Bankett-Saal „Konrad Adenauer“ und einem Biergarten. Im MÜLLERS verwöhnen wir die Gäste mit einem exzellenten Frühstück und traditionellen handfesten Speisen, wie der beliebten Müllers Currywurst, Käsespätzle und Backfisch, aber auch mit internationalen Fisch- und Fleischgerichten. Und gleich nebenan können sich die Gäste im neuen Gourmet-Restaurant „Schote“ ab Ende März auf außergewöhnliche kulinarische Momente freuen.
In der Hotelanlage Diepeschrather Mühle beherbergen Sie Ihr Restaurant Schote, welches exklusive Sterne-Küche bietet als auch die Brasserie Müllers in der Mühle mit bodenständigen Gerichten. Wie schaffen Sie den Spagat zwischen Luxus und Bodenständigkeit? Wie möchten Sie die Menschen aus der Region ansprechen und einladen, Teil dieses neuen Kapitels zu sein?
Müller: Ich würde es nicht als Spagat zwischen Luxus und Bodenständigkeit nennen, sondern eher eine erfolgreiche Ergänzung der beiden Konzepte. Wir waren bereits in Essen mit den beiden Restaurants - Brasserie „Müllers auf der Rü“ (seit 2014) und dem Sternerestaurant „Schote“ (seit 2019) unter einem Dach erfolgreich. Jetzt zieht die „Schote“ nach Bergisch-Gladbach und ich führe das beliebte „Müllers auf der Rü“ in der ursprünglichen Größe weiter. In unserem neuen „Tasteful Hideaway“ lassen wir dem Gast mit den beiden Restaurants die Wahl. Er kann dann entscheiden, wonach ihm der Sinn steht. Mal ist es eher die Heimatküche, mal die Sterneküche. Wir werden darauf hören, was die Menschen uns sagen /erzählen, Ich werde es wie der deutsche Singer/Songwriter Max Herre handhaben und ‚das Ohr auf die Schiene der Geschichte legen‘.
Die Diepeschrather Mühle ist ein beliebter Ort zur spontanen Einkehr nach einem Spaziergang. Bleibt das so?
Müller: Mein Team und ich freuen uns die Wanderer und Fahrradfahrer bei uns zu begrüßen, die das herrliche Bergische Land in ihrer Freizeit nutzen. Unser Biergarten wird sicher ein beliebter Treffpunkt von Freunden und Familien.
Ihr künftiges Restaurant liegt mitten im Naturschutzgebiet. Sehen Sie die Natur als Muse für Ihr gastronomisches Konzept?
Müller: Die Natur ist sicherlich eine extreme Inspirations- und Kraftquelle, die wir in jedem Fall in unsere Angebote einfließen lassen. Für unser Konzept from „Farm to Table“, werden wir selbst Gemüse und Kräuter in unserem Mühlengarten anbauen. Unsere Produkte werden wir hier in der Nähe finden, aber auch in Ferne.
„Ich folge an diesem Ort meiner Vision, Genuss und Gastlichkeit mit Nachhaltigkeit und Natur zu verbinden.“ Wie setzen Sie dieses Versprechen konkret um?
Müller: Wir schaffen mit dem neuen Relais & Châteaux Hotel Diepeschrather Mühle die besten Vorausseitzungen Gastfreundschaft auf höchstem Niveau in intakter Natur zu leben. Mir ist Nachhaltigkeit schon lange ein echtes Anliegen. Meine Formel: „Gute Qualität der Zutaten plus liebevolle Zubereitung gleich gutes Essen“.
Die hohe Qualität der Lebensmittel schließt gute Erzeugungsmethoden ein. Wir setzten daher auf Regionalität, Saisonalität, faire Preise für die Erzeuger und ein-wandfreie Haltungsbedingungen. Wir schauen aber genau hin und folgen nicht einfach Labels und Siegeln, sondern gehen in die Tiefe und den Austausch mit den Produzenten. Denn wir interessieren uns für geopolitische Themen ebenso wie für soziale Nachhaltigkeit. Planetary Bounderies und planetary health sind ganz wichtige Bereiche für uns.
Ihr Hotel und Restaurant setzen auf Nachhaltigkeit und werden als „Green Sign“-Hotel zertifiziert. Was bedeutet das für Sie in Bezug auf Ökonomie, Ökologie und Soziales? Welche konkreten Maßnahmen und Projekte haben Sie geplant?
Müller: Mir liegt an einem nachhaltigen Erfolg unseres neuen Hotels, dazu gehört auch eine top Öko-Bilanz. Eine gute Voraussetzung dafür ist, dass dieses Hotel ein Neubau und unter modernen energetischen Gesichtspunkten gebaut wurde. Hierzu gehört ein Blockheizkraftwerk (BHKW), ebenso wie eine Photovoltaik-Anlage oder auch die nachhaltige Resteverwertung mit „Meiko Greens“, die Bioabfall zu Biogas wandelt. Für mich gehören saisonale und soziale Nachhaltigkeit zusammen. Wir beschäftigen uns daher intensiv damit, wo die Lebensmittel herkommen und in welcher Art sie produziert werden, um es genau in das Thema CO2 Bilanz sowie faire Bezahlung einzuordnen.
Was bedeutet es für Sie, Ihre Vision von Genuss, Gastlichkeit und Nachhaltigkeit an diesem besonderen Ort zu verwirklichen?
Müller: Mitten im Naturschutzgebiet werden wir für Gourmets, Kultur- und Geschäftsreisende eine neue Dimension aus First Class-Hotel und Spitzengastronomie schaffen. Es ist seit vielen Jahren mein Wunsch gewesen, zusätzlich zu meinen Restaurants auch selbst ein Hotel zu betreiben. Jetzt war die Zeit reif für mich, das Boutiquehotel Diepeschrather Mühle mit den beiden Restaurants, Champagner Lounge, Hotelbar, Banketträumen, SPA und Kochschule zu führen. Ich kann es kaum noch erwarten, die ersten Hotelgäste an diesem fantastischen Standort zu begrüßen.
Was wünschen Sie sich für diesen Ort, für Ihr Restaurant und für die Menschen, die hier zusammenkommen und vielleicht auch für die Region?
Müller: Für mich steht im Gastgewerbe seit jeher der Mensch im Mittelpunkt. Ein Hotel ist immer ein Treffpunkt für Menschen, Meinungen und Miteinander. Wir freuen uns darauf, wenn sich hier in dieser einzigartigen Destination viele Menschen treffen, die zusammen genießen, kreativ arbeiten und Feste feiern.
Die BELKAW engagiert sich als regionaler Energieversorger für eine nachhaltige Zukunft. Wo sehen Sie Parallelen zwischen Ihrer Philosophie und dem, was Unternehmen wie die BELKAW tun?
Müller: Wir haben jetzt erlebt, wie schnell, zuverlässig und unbürokratisch die Zusammenarbeit mit der BELKAW ist. Daher freuen wir uns auf die weitere partnerschaftliche Kooperation…
Die Speisekarte Ihres Restaurants ist von regionalen und saisonalen Zutaten geprägt. Wird sich die Tradition des Bergischen Landes auch in Ihrer Speisekarte widerspiegeln? Haben Sie bereits Ideen für Gerichte mit regionalem Bezug?
Müller: Gutes Essen ist für mich vor allem nachhaltig, saisonal und bewusst. Regionale Gerichte sind immer ein Stück Heimat. Das Bergische Land ist inzwischen meine Heimat und wir sind Heimat für unsere Gäste. Selbstverständlich werden wir sie auch mit Spezialitäten aus dem Bergischen Land verwöhnen. Neben unserem eigenen Gemüse aus dem Mühlengarten, dem bergischen Honig von unseren eigenen Bienenvölkern wird auf jeden Fall auch die bergische Forelle ihren Einzug auf unsere Karte und gleich in unser erstes Frühlingsmenü in der Schote halten.
Wir brauchen Essen, das die Seele umarmt.“ Was genau macht ein Gericht für Sie zu einem solchen „Seelenessen“?
Müller: Seelenessen können z.B. Schwäbische Maultaschen bei einem Besuch in Tübingen sein. Es sind Gerichte, die in der Region verwurzelt sind zubereitet von Menschen, die Geschichten erzählen mit ihren ganz eigenen Zutaten und Verarbeitungsweisen. Diese Gerichte haben Kraft und Stärke und das ist für mich Seelenessen, Soulfood.
Heimat ist für Sie ein großes Thema – was macht für Sie das perfekte Heimatgefühl aus? Ist es ein bestimmtes Gericht, ein Ort oder eine Erinnerung?
Müller: Heimat muss kein Ort sein. Manchmal ist Heimat einfach ein Geruch oder ein Geschmack. So kann ein Heimatgefühl auch bei einem Spaziergang auf einem Bazar aufkommen oder bei einem Besuch in Singapur, wenn im Streetfood-Restaurant der Koch den Teig mit Liebe ausrollt und durch die Gerüche oder Geschmäcker Kindheitserinnerungen hervorgerufen werden. Da entsteht ein Heimatgefühl!
In der Küche sind Sie ein Perfektionist – aber gelingt wirklich jedes Rezept auf Anhieb?
Müller: Kein Tag gleicht dem anderen, es gibt immer wieder andere Gemütslagen und man ist jeden Tag ein bisschen ein neuer Mensch. So wäre es ja langweilig, wenn immer alles gleich perfekt wäre.
Was kommt bei Ihnen zu Hause auf den Tisch? Welches ist Ihr Go-to-Gericht? Muss das Kochen bei Ihnen privat schnell gehen oder zelebrieren Sie es ausgiebig?
Müller: Zu Hause darf es meist eher unkompliziert sein. Ich bin ein großer Fan der mediterranen Küche. Es darf auch asiatisch sein. Oder es gibt einfache, deutsche Gerichte, z.B. einen Eintopf.
Neben dem Kochen schlägt Ihr Herz für die Musik. Gibt es Parallelen zwischen einem perfekten Gericht und einem guten Song? Und welches Gericht wäre Ihr „Signature-Song“?
Müller: Ein Gericht und ein Song haben viel gemeinsam, man spürt beides direkt, ein Gericht kann wie ein guter Song sehr emotional ein, ein Erlebnis. Die Herstellung ist bei beiden sehr handwerklich geprägt. Gerichte können wie Songs leise oder laut sein, klassisch oder verspielt. Meine Richtung ist eher ein Genre, das die Seele umarmt. Soulfood wie ein guter Eintopf, der sich warm und salzig in den Rachen schmiegt und dabei Kindheitserinnerungen hervorruft.
Ihr Song „Heimat“ ist eine Liebeserklärung an Essen. Können wir eine Hommage an das Bergische Land erwarten?
Müller: In meinen Songs verarbeite ich oft Erlebnisse und Momente, die mich bewegen und mich zu Texten und Kompositionen inspirieren. Zum Glück ist dies nicht kalkulierbar, so dass man im Bergischen Land gespannt sein darf.